BWL – kaufmännisches Rechnen – Die Handelskalkulation

Inhalt: In dieser Lektion lernen Sie die Handelskalkulation kennen. Sie lernen, wie man einen Preis kalkuliert, wenn der Einkaufspreis feststeht (Vorwärtskalkulation) und wenn der Verkaufspreis (marktgegeben) feststeht (Rückwärtskalkulation).

Bedeutung der Handelskalkulation im kaufmännischen Bereich

Die Handelskalkulation ist ein zentrales Instrument im kaufmännischen Bereich, das sowohl für die Preisgestaltung als auch für die Sicherstellung der Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens unerlässlich ist. Ihre Bedeutung erstreckt sich über verschiedene Bereiche, von der Kostenkontrolle über die strategische Planung bis hin zur Kundenakquisition und -bindung. Im Folgenden wird detailliert erläutert, warum die Handelskalkulation einen so hohen Stellenwert hat.

1. Sicherstellung der Rentabilität

Die Handelskalkulation ermöglicht es Unternehmen, ihre Kosten genau zu erfassen und zu analysieren. Dies umfasst alle Kosten, die bei der Beschaffung, Lagerung und dem Verkauf von Waren anfallen. Durch die präzise Kalkulation können Unternehmen ihre Verkaufspreise so festlegen, dass sie alle Kosten decken und zusätzlich einen angemessenen Gewinn erzielen. Ohne eine genaue Kalkulation besteht die Gefahr, dass Produkte unter ihrem Wert verkauft werden, was langfristig zu finanziellen Verlusten führen kann.

2. Wettbewerbsvorteile

In einem wettbewerbsintensiven Marktumfeld ist es entscheidend, konkurrenzfähige Preise anbieten zu können. Die Handelskalkulation hilft Unternehmen, ihre Preise auf der Grundlage von Kosten und Marktbedingungen zu gestalten. Dadurch können sie Preisstrategien entwickeln, die sowohl attraktiv für Kunden sind als auch die Rentabilität des Unternehmens sicherstellen. Eine gute Kalkulation ermöglicht es auch, gezielte Rabatte und Sonderaktionen anzubieten, ohne die Gewinnmarge zu gefährden.

3. Kostenkontrolle und -transparenz

Durch die Handelskalkulation erhalten Unternehmen einen klaren Überblick über ihre Kostenstruktur. Dies umfasst direkte Kosten wie Einkaufspreise und Lagerkosten sowie indirekte Kosten wie Verwaltung und Vertrieb. Eine detaillierte Kostenkontrolle hilft dabei, Einsparpotenziale zu identifizieren und ineffiziente Prozesse zu optimieren. Transparenz in der Kostenstruktur ist entscheidend, um fundierte Entscheidungen zu treffen und die finanzielle Gesundheit des Unternehmens zu überwachen.

4. Budgetierung und Planung

Handelskalkulationen sind ein wesentlicher Bestandteil der finanziellen Planung und Budgetierung. Sie ermöglichen es Unternehmen, realistische Umsatz- und Gewinnziele zu setzen und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um diese Ziele zu erreichen. Durch die Kalkulation können Unternehmen auch verschiedene Szenarien durchspielen und die Auswirkungen von Preisänderungen, Kostensteigerungen oder Marktschwankungen analysieren. Dies hilft, Risiken zu minimieren und die finanzielle Stabilität zu gewährleisten.

5. Unterstützung bei Verhandlungen

Eine fundierte Handelskalkulation ist auch bei Verhandlungen mit Lieferanten und Kunden von großer Bedeutung. Unternehmen, die ihre Kosten und Margen genau kennen, sind in einer besseren Position, um faire und vorteilhafte Konditionen auszuhandeln. Dies kann sowohl die Einkaufspreise als auch die Verkaufspreise betreffen. Ein gutes Verständnis der eigenen Kalkulation stärkt die Verhandlungsposition und trägt dazu bei, langfristig profitable Geschäftsbeziehungen aufzubauen.

6. Preisgestaltung und Marketing

Die Handelskalkulation ist ein wesentliches Instrument für die Preisgestaltung und das Marketing. Durch die Kenntnis der Kostenstrukturen können Unternehmen ihre Preise so festlegen, dass sie sowohl wettbewerbsfähig als auch rentabel sind. Dies ist besonders wichtig in Märkten, in denen Preiskämpfe und Preistransparenz eine große Rolle spielen. Eine durchdachte Preisstrategie, basierend auf einer genauen Kalkulation, kann zudem als Marketinginstrument genutzt werden, um sich von der Konkurrenz abzuheben und Kunden zu gewinnen.

7. Entscheidungsgrundlage für Investitionen

Bei der Planung von Investitionen ist die Handelskalkulation ein unverzichtbares Werkzeug. Sie hilft, die Wirtschaftlichkeit von Investitionen zu beurteilen, indem sie die zu erwartenden Kosten und Erträge gegenüberstellt. Unternehmen können so fundierte Entscheidungen treffen, ob und wann Investitionen in neue Produkte, Märkte oder Technologien sinnvoll sind. Dies minimiert das Risiko von Fehlinvestitionen und trägt zur nachhaltigen Entwicklung des Unternehmens bei.

8. Liquiditätsmanagement

Eine genaue Kalkulation der Handelskosten ist auch für das Liquiditätsmanagement von entscheidender Bedeutung. Sie hilft Unternehmen, ihre Zahlungsströme zu planen und sicherzustellen, dass sie jederzeit über ausreichende Mittel verfügen, um ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Dies ist besonders wichtig, um Engpässe zu vermeiden und die finanzielle Stabilität des Unternehmens zu sichern.

9. Rechtliche und regulatorische Anforderungen

In vielen Branchen sind Unternehmen gesetzlich verpflichtet, eine genaue Kostenrechnung zu führen und ihre Preise nachvollziehbar zu kalkulieren. Dies dient dem Schutz der Verbraucher und der Vermeidung von Marktverzerrungen. Die Handelskalkulation stellt sicher, dass Unternehmen diesen Anforderungen gerecht werden und ihre Preise transparent und fair gestalten.

10. Langfristige Strategieentwicklung

Schließlich spielt die Handelskalkulation eine entscheidende Rolle bei der langfristigen Strategieentwicklung. Sie liefert die notwendigen Daten und Analysen, um langfristige Trends und Entwicklungen zu erkennen und darauf basierend strategische Entscheidungen zu treffen. Dies umfasst die Planung von Markteintritten, die Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen und die Anpassung an sich ändernde Marktbedingungen.

Fazit

Die Handelskalkulation ist ein zentrales Instrument im kaufmännischen Bereich, das Unternehmen dabei unterstützt, ihre Kosten zu kontrollieren, Preise wettbewerbsfähig zu gestalten und langfristig rentabel zu wirtschaften. Sie bietet die Grundlage für fundierte Entscheidungen in vielen Bereichen, von der Preisgestaltung über die Budgetierung bis hin zur strategischen Planung. Angesichts der zunehmenden Komplexität und Dynamik der Märkte wird die Bedeutung der Handelskalkulation in Zukunft weiter zunehmen. Unternehmen, die ihre Kalkulationen präzise und regelmäßig durchführen, sind besser in der Lage, sich den Herausforderungen des Marktes zu stellen und langfristig erfolgreich zu sein.

Warum muss ich überhaupt einen Preis kalkulieren?

Gerade Existenzgründer aus nicht kaufmännischen Berufen sehen oft keinen Anlass Ihre Preise zu kalkulieren. Es wird oft irgendeiner festgelegt. Das kann über Jahre gut gehen, kann aber auch dazu führen, dass der Unternehmer nach einer Weile in die Insolvenz gehen muss. Was ist passiert. Ohne es zu wissen, hat der Unternehmer seine Produkte viel zu billig abgegeben. Das hat ihm zwar viele Kunden beschert, jedoch wurden seine Einnahmen kontinuierlich durch die Ausgaben verzehrt. Es ist also unbedingt ratsam eine Kalkulation anzufertigen, um immer zu wissen, wie hoch man den Preis ansetzen muss, damit am Ende der erwartete Gewinn übrig bleibt.

Die Vorwärtskalkulation:

Bei der Vorwärtskalkulation gehen wir von einem feststehenden Einkaufspreis aus und wollen ermitteln, wie hoch der Verkaufspreis mindestens sein muss, damit wir den angestrebten Gewinn umsetzen können. Danach muss man entscheiden, ob dies unter den gegebenen Umständen auch möglich ist.

Beispiel:

Das Bekleidungswerk Müller Jeans kalkuliert den Listenverkaufspreis der neuen Jeansstoffe. Der Listeneinkaufspreis beträgt 375,00 € (netto). Der Lieferrabatt beträgt 16 %, der Lieferskonto 3 %. Die Bezugskosten belaufen sich auf 6,30 € (netto). Die Berechnung des Handlungskostenzuschlages ergibt 29,85 %. Das Bekleidungswerk kalkuliert den Gewinn mit 25 %. Den Kunden werden  2 % Skonto gewährt und 10 % Rabatt. Der Vertreter erhält eine Provision von 7 %. Dies ergibt die folgende Rechnung:

Schema Vorwärtskalkulation

Bitte beachten Sie, dass die Pfeilspitzen jeweils auf den Grundwert (100 %) zeigen. Bis zum Barverkaufspreis ist die Rechnung relativ einfach. Der Grundwert ist gegeben und Sie müssen nur noch den Prozentwert mittels des Prozentsatzes ausrechnen und zum Grundwert dazu addieren oder abziehen. 

Nach der Berechnung des Barverkaufspreises ändert sich die Situation. Nun haben Sie nicht mehr den Grundwert gegeben, sondern den bereits verminderten Grundwert und müssen den Grundwert berechnen. Das Gleiche gilt beim Listenverkaufspreis.

Hier die Lösung der Aufgabe mit den einzelnen Rechenschritten:

Vorwärtskalkulation die Berechnung im Einzelnen

Bitte beachten Sie, dass es zu Rundungsdifferenzen kommen kann bei Berechnungen in Excel oder mit dem Taschenrechner! Excel rechnet auch mit allen Nachkommastellen, wenn diese gelöscht (ausgeblendet) werden.

Rückwärtskalkulation:

Bei der Rückwärtskalkulation wird nicht von Listeneinkaufspreis ausgegangen, sondern vom Listenverkaufspreis. Das ist vor allem dann notwendig, wenn eine entsprechende Konkurrenzsituation vorherrscht, welche es nicht erlaubt, abweichende Preise am Markt durchzusetzen. Also rechnet man rückwärts, zu welchem Einkaufslistenpreis die Ware mindestens gekauft werden muss, um die Kosten zu decken und den angestrebten Gewinn zu realisieren.

Beispiel:

Der Listenverkaufspreis von Jeansstoff ist durch den Angebotspreis der Konkurrenz vorgegeben und beträgt 550,00 € netto. Das Bekleidungswerk Müller Jeans kalkuliert den Listenverkaufspreis der neuen Jeansstoffe. Der maximale Listeneinkaufspreis soll ermittelt werden. Der Lieferrabatt beträgt 10 %, der Lieferskonto 2 %. Die Bezugskosten belaufen sich auf 8,35 € (netto). Die Berechnung des Handlungskostenzuschlages ergibt 25,5 %. Das Bekleidungswerk kalkuliert den Gewinn mit 23 %. Den Kunden werden  2 % Skonto gewährt und 5 % Rabatt. Der Vertreter erhält eine Provision von 7,5 %. 

Lösung:

Rückwärtskalkulation Berechnungsschema

Die Rechnung wird also genau von hinten aufgerollt. Wir fangen mit dem Listenverkaufspreis an und rechen dann rückwärts in Pfeilrichtung.

Hier die Berechnung in einzelnen Schritten:

Rückwärtskalkulation die Berechnung im Einzelnen

Hier noch einige Aufgaben zum Üben:

Übung 1 - Handelskalkulation: Ein Vertreter auf Provisionsbasis hat uns kürzlich berichtet, dass er einen Käufer für unseren Gartenzwerg "Udo mit Bohrmaschine" gefunden hat. Der Käufer befindet sich in Amerika und würde gerne 500 Stück dieser einzigartigen Gartenzwerge für 60 € (netto) das Stück erwerben. Die Transportkosten werden vom Käufer voll übernommen.

Wir beziehen unsere Gartenzwerge aus einer Manufaktur im Süden Deutschlands.

Aufgrund veränderter Kostenlage muss der Gartenzwerg neu kalkuliert werden. Die Manufaktur bietet uns die Gartenzwerge für 35 € (netto) an, wenn wir 500 Stück abnehmen.

Kalkulieren Sie bitte, ob wir die Gartenzwerge für diesen Preis erwerben können, wenn folgende Kalkulationsgrundlagen gelten sollen:

  • Liefererrabatt 5 %
  • Liefererskonto 1 %
  • Bezugskosten pro Stück (ohne USt) 3,50 €
  • Geschäfts-, oder Handlungskosten 15 %
  • Gewinn 24 %
  • Kundenskonto 2 %
  • Vertreterprovision 5 %
  • Kundenrabatt 3 %

Und hier die Lösung der Aufgabe:

Hierbei handelt es sich um eine Rückwärtskalkulation. Der Käufer möchte die Gartenzwerge für 60,00 € netto erwerben. Von dieser Zahl aus kalkulieren wir rückwärts und erhalten einen maximalen Einkaufspreis von 36,64 €. Da wir die Gartenzwerge schon für 35 € erwerben können, können wir das Angebot annehmen. Alle Gewinnziele werden erreicht und überboten.

Die Lösung der Aufgabe im Einzelnen:

Lösungsschema Handelskalkulation zur Übung 01

Downloads zur Handelskalkulation:

Hier habe ich einige Downloads zum Ausdrucken bzw. zur privaten Verwendung hinterlegt.